Der Ausschuss für Umwelt, Klimaschutz, Energie und Verkehr tagt sechs bis sieben Mal im Jahr, immer für die Öffentlichkeit zugängig, aber in der Regel von ihr nicht weiter wahrgenommen. Am Mittwoch dem 12. November war das anders und das lag an dem einzigen und hochinteressanten Tagesordnungspunkt: Die Vorstellung der Machbarkeitsstudie einer Fuß- und Radfahrerbrücke über den Main als mögliche Alternative zur Fähre.

Rund 150 Seligenstädter und Karlsteiner Bürgerinnen und Bürger hatten sich im Riesensaal eingefunden und lauschten den Ausführungen der Ingenieurgesellschaft mbH Jenisch + Jung aus Dreieich. Insgesamt wurden sechs Varianten entlang der Mainschleife zwischen Seligenstadt und Karlstein vorgestellt: Altes Stadtwerkegelände Seligenstadt, Basilika Seligenstadt, Friedhof Seligenstadt, Neuer Friedhof Seligenstadt, Nato Rampe Großwelzheim und Kapellengasse Großwelzheim.

Die Ausschusssitzung war kombiniert mit einer Gemeinderatsitzung des bayrischen Nachbarn, ein Novum wie der zweite Bürgermeister Dr. Günther Raffler, begeistert hervorhob und die gute Zusammenarbeit zwischen Hessen und Bayern lobte. Die Moderation der politischen Sitzung sowie die der Fragerunde, zunächst gerichtet an die Gremiumsmitglieder und anschließend an die Bürgerschaft, übernahm der Ausschussvorsitzende Thomas Lortz (CDU).

Alle Anwesenden lauschten gespannt den Ausführungen von Dr.-Ing. Franz Michael Jenisch. Das Planungsbüro Jenisch und Jung aus Dreieich hatte sich in einem Teilnahmewettbewerb durchgesetzt und die Machbarkeitsstudie erstellt. Der Experte erläuterte sachlich und neutral alle sechs Standorte, die von seinem Büro als theoretisch möglich eingestuften worden waren. Er ging dabei auch auf die Vor- und Nachteile ein, je für die Seligenstädter als auch für die Karlsteiner Seite. Sehr anschaulich und verständlich beschrieb Dr. Jenisch auch bauliche Belange, denkbar sei entweder die Bauform Bogenbrücke oder Schrägseilbrücke, ferner ging er auf weitere Aspekte ein, wie umwelttechnische oder ästhetische und betonte die Notwendigkeit des Einbezugs weiterer Behörden bezüglich des Denkmalschutzes, der Schifffahrt und des Hochwassers. Abschließend zeigte der Experte noch die Vor-. und Nachteile einer Brücke gegenüber dem Erhalt der Fähre auf. Die Fähre setzt rund 90.000 Personen pro Jahr über den Main und hat ein jährliches Defizit in sechsstelliger Höhe, das von der Einhardstadt Seligenstadt getragen wird. Die Kosten für eine Brücke bezifferte Dr.-Ing. Franz Michael Jenisch vorsichtig, je nach Bauart und Standort, zwischen 9.5 und 6 Millionen Euro. Die Kosten würden zwischen Bayern und Hessen geteilt.
Bürgermeister Dr. Daniell Bastian bedankte sich für die gute Präsentation der Studie und zeigte als nächsten Schritt auf, dass sich der Gemeinderat Karlstein und die Stadtverordnetenversammlung Seligenstadt über eine gemeinsame Vorzugsvariante einigen und dann die Gelder für die Planung, etwa 200.000 Euro, hälftig in den Haushalt 2026 eigenstellen müssten. Das Ingenieurbüro geht von einer Planungsdauer von zwei Jahren nach Beauftragung aus.
Bürgermeister Dr. Daniell Bastian hatte, für eine Ausschusssitzung unüblich, ganz bewusst die Tagesordnung um den Punkt Top 3 „Anregungen der Bürgerschaft“ ergänzt, um der anwesenden Öffentlichkeit die Möglichkeit zu geben, sich zu äußern. Die rege Beteiligung von Karlsteiner und Seligenstädter Seite gab ihm recht. Eine Seligenstädter Bürgerin fragte spontan in Richtung der Besucherplätze, wer für eine Brücke sei und die Mehrzahl der Anwesenden hoben die Hand. Das war für die Gremiumsmitglieder durchaus überraschend, hatte man doch mit einer eher emotional geführten Debatte gerechnet. Immerhin reicht die Geschichte der Fähre an dieser Stelle bis ins 9. Jahrhundert zurück, damals unter der Regie des Klosters. Sie gilt als eines der Wahrzeichen der Einhardstadt und ist eine Besucherattraktion.


