Nach 35 Jahren als Fährmann geht Reinhard Bier offiziell in den Ruhestand


Bei strahlendem Sonnenschein und blauen Himmel wurde im Zuge einer kleinen Feierstunde auf der Mainfähre Reinhard Bier am 28. Februar offiziell in den Ruhestand verabschiedet. Der kaufmännische Leiter der Stadtwerke Patrick Herbert gab vor den geladenen Gästen einen kurzen Abriss seiner beruflichen Vita und beleuchtete den Beruf des Fährmannes genauer. Stadtrat Bernd Michael überbrachte im Auftrag von Bürgermeister Dr. Daniell Bastian einen Präsentkorb und betonte seinen Respekt vor der Aufgabe, die Verantwortung für Passagiere zu übernehmen.

Reinhard Bier am Steuer

Seinen letzten regulären Arbeitstag hatte der stadtbekannte Fährmann Bier schon im November letzten Jahres, auch wenn er seitdem ein paar Mal vertretungsweise das Steuer wieder in die Hand genommen hatte. Nun ist er aber ganz offiziell im Ruhestand, nach fast 50 Arbeitsjahren, 35 davon auf der Brücke der Fähre „Stadt Seligenstadt“.


„Ich bedanke mich bei Reinhard Bier, der immer mit aller größter Verlässlichkeit und der notwendigen Ruhe und Fachkompetenz die Fähre gelenkt hat. Von ihm wurde ein ganzes Stück Fährgeschichte mitgeschrieben“, umfasst Bürgermeister Dr. Daniell Bastian.

Nicht viele Menschen können auf die Frage nach dem Beruf antworten: Fährmann. Es ist etwas Besonderes, alles andere als alltäglich. „Seetauglich muss man sein, denn schaukeln tuts hier immer“, betont Ruheständler Bier und erinnert sich an seinen ersten Nachhauseweg vom neuen Job, schwankenden Schrittes. Der gelernte Zimmermann geht schweren Herzens von der Brücke, er hat mit großer Begeisterung die Fähre in seiner Heimatstadt gelenkt. „Aber ich freue mich darauf, zukünftig ganz entspannt und ohne Schichtdienste Weihnachten mit meiner Familie zu feiern und am 1. Mai frei zu haben“, sieht er auch die Vorteile. Bier ist ein Mensch mit handwerklicher Begabung und technischem Verständnis. Beides ist auch notwendig, um auf der Fähre in schwierigen Situationen, wie etwa ein Abtreiben aufgrund ausgefallener Motoren, reagieren zu können. Hier ist es vor allem wichtig, die Nerven zu behalten, betont Bier mit Blick auf so manch erlebte heikle Situation in den zurückliegenden Berufsjahren. Längst wird die Fähre modern mit Joysticks navigiert und der Schiffsverkehr mittles GPS im Blick gehalten. Bier erinnert sich noch an die Zeit, als alles etwas „hemdsärmeliger“ geregelt wurde. So war es früher prinzipiell kein Hinderungsgrund, bei Nebel überzusetzen. Die Schulkinder und die Berufspendelnden mussten ans andere Ufer gebracht werden und zwar pünktlich. Lichtstrahle als Orientierung, die von beiden Ufern aufs Wasser gelenkt wurden, wiesen den Weg und das Läuten der Schiffsglocke machte die Überfahrt hörbar. Teilweise sah man die Hand vor Augen nicht, erinnert Bier sich. Heute sei das undenkbar, trotz der guten technischen Ausstattung ist ein Übersetzen in dichtem Nebel streng untersagt.

Bier mit der Schiffsglocke

Reinhard Bier hat viele Menschen über das Ufer gesetzt, mit denen er zum Teil ein freundschaftliches Verhältnis aufgebaut hat. Früher waren Unmengen an Autos mit von der Partie, das ist auf ein Zehntel zurück gegangen, schätzt er. Dafür ist die Anzahl der Fahrräder immens gestiegen und Dank des Trends zu E-Bikes kommen die Ausflügler aus einem bedeutend größeren Umkreis.    


Reinhard Bier wird seinen schwimmenden Arbeitsplatz mit dem Blick auf die markante Seligenstädter Stadtsilhouette vermissen. Auch wenn für ihn ein Nachfolger gefunden ist, so ist die Zukunft der Fähre ungewiss. Die Gemeinde Karlstein hat zusammen mit der Stadt Seligenstadt eine Machbarkeitsstudie für den Bau einer Brücke über den Main in Auftrag gegeben. 

Fähre beim Übersetzen-1